„Wer kennt das nicht, dass das Herz mal schneller und mal langsamer schlägt, auch wenn man sich gar nicht bewegt!?“
Dieses Phänomen wurde schon vor über 1700 Jahren beschrieben und wird heute als sogenannte Herz-Raten-Variabilität beschrieben, kurz HRV. Im 3. Jahrhundert nach Christi analysierte der chinesische Arzt Wang Shuhe dieses Phänomen und beschrieb dessen klinische Bedeutung wie folgt:
„Wenn der Herzschlag so regelmäßig wie das Klopfen des Spechts oder das Tröpfeln des Regens auf dem Dach wird, wird der Patient innerhalb von vier Tagen sterben."
Wie wir heute wissen, hatte der chinesische Gelehrte schon früh erkannt, dass ein variabler Herzschlag ein Zeichen von Gesundheit und Erholung ist.
Mit fortschreitender Technisierung und Entwicklung von sensitiven Messmethoden wird in der modernen Wissenschaft die HRV seit Mitte der 60-ger Jahre als diagnostisch wichtiges Phänomen beschrieben. Durch die Entwicklung von mobilen EKG-Geräten und weiteren tragbaren Herzfrequenzmessgeräten (Wearable Technologies) hat man seit geraumer Zeit die Möglichkeit, immer tiefer und genauer die HRV zu bestimmen und die Information zu nutzen. Aus diesem Grund ist die Anzahl der wissenschaftlichen Publikationen seit Ende der 80-er Jahre sprunghaft angestiegen. Dabei ist die HRV beileibe kein neues - vielleicht aber in seiner Bedeutung neu wiederentdecktes - Phänomen, (siehe oben). Somit erhalten viele ältere klinische Beobachtungen eine neue Bedeutung.
Die HRV spiegelt das Zusammenspiel unseres sog. Vegetativen Nervensystems (Autonomes Nervensystem) mit unserem Herzen wieder, das wir nicht willentlich beeinflussen können. Dieses System besteht aus zwei Komponenten, das „sympathische“ und das „parasympathische Nervensystem“. Hierbei repräsentiert das sympathische Nervensystem typische „Kampf- und Fluchtreaktionen“ und beeinfluss stark die Energiebereitstellung, die Beschleunigung von Herzschlag und Atmung, Verengung von Blutgefäßen, Blutumverteilung und die Schweißproduktion. Während das parasympathische Nervensystem ein Spiegel unseres „Erholungszustandes“ ist und somit vornehmlich die Energiespeicherung, den Schlaf, die Verdauung, die bessere Durchblutung von Haut und inneren Organen reguliert. Je nach Belastungs- oder Umweltsituation ist entweder das eine oder andere System verstärkt aktiv. Das heißt, das wenn ein System „hochfährt“, „fährt das andere runter“. „Gesund“ ist ein „Gleichgewicht“ (Homöostase, Balance) zwischen den beiden regulatorischen Systemen.
Beispiel heute: Die Fussball Europameisterschaft 2016 in Frankreich.
Kommt dieses System dauerhaft durch zu häufiges oder zu intensives körperliches Training aus dem Gleichgewicht, droht ein Überlastungszustand. Dieser Zustand wird auch als „Übertraining“ bezeichnet und kann auch die Folge unzureichender Regenerationszeiten zwischen den Trainingseinheiten und Wettkämpfen. Aber auch in den Spielsportarten wie Fußball sind solche Überlastungsreaktionen möglich, insbesondere dann wenn im Anschluss an die normale Saison große Turniere, wie die aktuell laufende Fußball Europameisterschaft anstehen. Diese Turniere stellen zudem nicht nur eine hohe körperliche, sondern auch psychische Belastung dar, um der hohen Erwartungshaltung ganzer Nationen gerecht zu werden.
Erste Symptome von Übertraining sind ein Absinken des Leistungsniveaus des betroffenen Spielers. Weitere Begleitsymptome wie erhöhter Ruhe- und Belastungspuls, Schlafstörungen oder Kopfschmerzen können ebenfalls auftreten. Als Vorstufe des Übertrainings wird die Überbelastung angesehen, wobei die Übergänge fließend sind und es keinen verbindlichen Konsens bezüglich der Nomenklatur besteht.
Die Belastungssituation im Training ist generell sehr gut über externe Belastungsgrößen (wie Belastungsumfang und -Intensität) oder interne Parameter (wie Sauerstoffaufnahme, Herzfrequenz, Blutlaktat, subjektives Belastungsempfinden) quantifizierbar. Zudem existieren einige Methoden, um den Leistungsstand und Ermüdungsstatus zu verfolgen. Zu diesen Methoden zählt auch die nicht-invasive HRV-Messung, welche letztlich ein Maß für die Unregelmäßigkeit des Herzschlages ist und sich u.a. in der Abweichung zwischen den aufeinanderfolgenden Herzschlägen widerspiegelt. Das heißt, je größer diese Varianz ist, desto größer ist der Anteil des parasympathischen Nervensystems. Genau diese Parameter haben sich Naranjo und Kollegen (2015) zunutze gemacht, um bei Profifußballern in der spanischen Primera División die Belastungssituation über die gesamte Saison zu erfassen. Aus über 500 Messungen konnten sie zeigen, dass eine wöchentliche Messung der HRV über 10 Minuten in Ruhe eine sehr gute Methode ist, um die individuelle wöchentliche Belastungssituation - bestehend aus Training und Spiel - zu erfassen. Somit ist die HRV-Messung eine geeignete Methode die Aussagekraft des morgendlichen Ruhepulses zu verbessern.
Wie schlägt das Spielerherz in Frankreich?
Da viele Fußballspiele und Wettkämpfe bei großer Hitze ausgeführt werden, spielt hierbei die Anpassung an unterschiedliche Witterungsverhältnisse eine große Rolle. Zwar kann der Körper durch Schwitzen sehr effizient die überschüssige Wärme bei körperlicher Belastung nach außen abgeben, aber mit zunehmender Luftfeuchtigkeit wird dies schwieriger. Deshalb benötigt unser Körper einige Zeit sich an geänderte klimatische Verhältnisse anzupassen.
Da der Hitzestress ebenfalls eine Art Belastungssituation für unseren Körper darstellt, hat sich die Arbeitsgruppe um Eppstein (2010) damit beschäftigt, ob sich die HRV auch als Monitor für die Gewöhnung an große Hitze eignet. Sie bestimmten die Belastungsreaktion vor und 12 Tage nach einem Hitzeaufenthalt. Die Studie zeigte deutlich, dass sich der durch Hitze bedingte Stress in der HRV widerspiegeln lässt und sich diese auch über die Zeit der Akklimatisation verbessert.
Es zeigte sich aber auch, dass 12 Tage nicht bei jedem ausreichend sind, um sich an die geänderten klimatischen Bedingungen zu gewöhnen. Somit besteht hier auch eine nicht unerhebliche individuelle Fähigkeit sich mehr oder weniger schnell oder gut an Hitze zu gewöhnen, was sich letztlich auch in einer Reduktion der Leistungsfähigkeit niederschlagen kann.
Somit macht es mehr als Sinn diese drei wichtigen Vitalparameter aus Herzratenvariabilität, Herzfrequenz und auch Körpertemperatur in Ruhe zu bestimmen, insbesondere in der Vorbereitung auf intensive körperliche Belastungen in großer Hitze. Aus diesem Grund empfehle ich den cosinuss° ONE, um exakt diese drei Parameter mit einem einzigen Sensor mobil messen zu können.
Dr. Martin Schönfelder, hat Biologie und Sport an der Universität in Heidelberg studiert und am Institut für Physiologie der TU München promoviert. Er war acht Jahre lang Dozent für Sportbiologie und Leistungsphysiologie an der Fakultät für Sport- und Gesundheitswissenschaften (TU München) bevor er in Salzburg das Forschungsinstitut für Molekulare Sport- und Rehabilitationsmedizin an der PMU Salzburg leitete. Aktuell ist er am Klinik Rechts der Isar in München tätig. Nebenbei arbeitet er im Triathlon als A-Lizenztrainer und ist Mitglied des Lehrteams beim Bayerischen Triathlonverbandes.